Mittwoch, 3. August 2011
Als Wissenschaft sich mehr mit Dreh- denn mit Plagiatsverdachtsmomenten beschäftigte und daran werkelte, die Zukunft zu schaffen, die wir jetzt erleben, wurde selbst im Kinderzimmer noch eifrig, aber streng wissenschaftlich experimentiert. In manch Heiligen Abend mischte sich in den Duft von Mandel, Zimt und Zuckerstern die kosmisch-olfaktorischen Versprechungen des Chemiebaukastens. Bald starteten selbstgebaute Raketen in den Weltraum oder wenigstens zu einem Rundflug um die Zimmerlampe, und Detektorempfänger fischten zirpende Signale von Radio Norddeich oder Pionieren von der Vega aus der Ionosphäre. Eine große Zeit, in der eben mehr Lametta war, wie Volksdichter Loriot uns nachhaltig ernst ins Bewußtsein rief. Und wer bislang seinen Einfall vom Bausatz eines Atomkraftwerks für Irrwitz hielt, muss die Geschichte seines Kinderzimmers neu schreiben. Die Zeit, als der Entdeckergeist von Kindern und anderen junggebliebenen Forschern noch ernstgenommen und nicht mit öko-getestetem Holzspielzeug niedergeknüppelt wurde, war wirklich das Atomzeitalter des unbeschwerten Bastelns, als noch Kerne und nicht Haare gespalten wurden:
Der Atombaukasten und andere Papperlapapp-Basteleien rund um Stoffe wie Arsen und weitere Substanzen, die sich heute höchstens noch in der Nahrung oder Duschgels nachweisen lassen, war hochbrisante Kontrebande, die unsere Eltern uns vorenthielten! Seither, wir wissen es, geht es bergab mit diesem Wissenstandort. Im Kinderzimmer hetzt nur noch virtuelle Alienjagd, bei der alles platzen darf, nur nicht der jugendliche Forscher vor Neugier.