Sonntag, 30. Mai 2010


Neigungsgruppe Stipp & Visite





Zum Glück reagiere ich ja aus dem Stand heraus spontan, so daß mancher sich fragt, wie dieser soeben noch schläfrig wirkende Mann plötzlich wie sonst nur ein ghanaischer Fußballspieler voller Spannkraft auf dem Punkt landen kann. Weil die Lu kurz und kurzfristig in der Stadt war, mußte ich andere dunkellockende Abenteuer zur Seite schieben und seemännische Hafenbegleitung anbieten. Ausnahmsweise überpünktlich, zeigte sich bald, daß man mich nicht zu lange alleine lassen darf ("Einen wilden Mann kann man nicht halten", Bernadette Hengst) - ich werde dann unruhig und komme mit anderen ins Gespräch. Die nette Dame, mit der ich nun auf einer Bank an den Landungsbrücken ins Flirten Gespräch kam, war zwar schon Mitte 70 und weniger blond als grauhaarig, dafür aber gutgelaunt und humorvoll, zwei Eigenschaften, die man an Frauen ja nicht hoch genug schätzen kann. Die rüstige Dame erzählte von ihren Reisen und ihrer Leidenschaft für die See und bedauerte, keinen Reisegefährten zu haben, der mit ihr die Überfahrt nach Helgoland wagt. Ich stand kurz davor, laut zu rufen, hier! nehmen Sie mich, Reisen ist doch mein zweiter Vorname - aber ausgerechnet da platzte dann Lu dazwischen, die mittlerweile den Weg gefunden hatte. Da galt es, die Situation retten und mich bedauernd verabschieden, die alte Dame zeigte aber mildes Verständnis, und so zog ich dann doch noch mit der Blonden die Elbe runter.

Hamburg hatte Sommer im Programm, ich verteidigte Sängerin Lena, die gerade auf Abiturfahrt nach Oslo ist und hörte dafür brandheiße Geschichten in warmer Sonne. Die Containerschiffe, so eine andere Beobachtung, liegen immer noch verdächtig weit über der Wasserlinie, aber man gibt ja das Hoffen nicht auf. Zurück dann schnell noch beim famosen Herrn Krüger vorbeigeschaut, der mich zurecht! des Vernissage-Schwänzens zieh (ich habe dann in Selbstkasteiung auch die angebotenen Getränke ausgeschlagen). Eine wirklich großartige Ausstellung hat er da gerade in seiner Galerie, ganz tolle Sachen, wenn man bitte einmal schauen möge, von Femke Hiestra, Fred Stonehouse, Atak und Heiko Müller. Ganz aktuell quasi die Bilder von Ryan Heshka, der einerseits Taucher zeigt, die verzweifelt versuchen, ein Bohrloch zu schließen und andererseits schutzanzugumhüllte Retter, die mutierte Rieseninsektoide in ölverseuchten Sumpfgebieten jagen. Hier gibt es mehr zu sehen. Camille Rose Garcia hätte mit ihrer Reihe Ultraviolenceland auch gut dazugepaßt.

Für morgen ist endlich Regen angesagt.

("Neo Fabulists", Feinkunst Krüger, Hamburg. 8.-29.5.2010.)