Donnerstag, 27. Mai 2010
Hamburg ist bekanntlich das "Tor zu Welt", macht aber gerade die Türen zu. In der Kunstzeitung las ich vor ein paar Monaten erstmals über das eher schwachbrüstige und juristisch interessant gestrickte Finanzierungsmodell der Kunsthalle. In eine eher unterfinanzierte Stiftung entlassen, fehlen dem Museum nun 200.000 Euro, so daß man sich gezwungen sieht, die 1996 mit viel TamTam neueröffnete "Galerie der Gegenwart" bis Oktober zu schließen. Offiziell aus "Brandschutzgründen" - aber zufällig ergibt die "eingesparte" Summe just den genannten Fehlbetrag. Hony soit, qui mal y pense usw.
Was als demi-monde provinzielle Posse im norddeutschen Marschland hätte versickern können, zumal von Kultursenatorin Karin von Welck als eher "kommunikatives Mißverständnis" dargestellt, wurde von überregionalen Medien indes mit Entsetzen aufgegriffen, die Süddeutsche berichtete, die FAZ machte gleich eine fortlaufende Reihe daraus, in der Niklas Maak feststellte: "Denn am Ende überlebt ein nach dem Stiftungsmodell organisiertes Museum nur dann dauerhaft, wenn es überzeugende, mitreißende Ausstellungen macht. Dafür fehlt jetzt das Geld, und eine Schließung ist kein so gutes Signal, wenn man zeigen will, dass es wieder bergauf geht" (FAZ vom 19.5.2010). Ein paar Tage später entlarvte Peter Rawert ebenda ein solches Modell als eine Art "Bad Bank" der Kulturpolitik, mit dem nicht zuletzt der Stiftungsgedanke vom Staat selbst desavouiert würde. Wahrlich ein fatales Signal.
Nun hat auch das Fernsehen die Sache aufgegriffen, Kulturzeit berichtete, denn in Hamburg scheint sich nun ein Schließungsbrand auszubreiten. Gestern meldete das Altonaer Museum, das soeben für drei Millionen aufwendig aufgehübscht wurde, nicht schließen, aber doch irgendwie, nun ja, schließen zu müssen. Wegen, nun ja, Brandschutzmaßnahmen.
Es ist aber alles nicht so schlimm. Denn am Wochenende feiert die Elbphilharmonie Richtfest, ein bislang eher für Disharmonie sorgendes Millionengrab, das sich Hamburg statt ursprünglich avisierter 70 Millionen nach Mängeln, Nachforderungen und weiterer Nachforderungen bald eine lockere halbe Milliarde Euro kosten läßt. Ein sogenanntes "Leuchtturmprojekt", das strahlen soll, während in der Stadt die Lichter ausgehen. Wie schrieb Niklas Maak: "Hamburg zeigt [...] dass der durchaus üppige Etat, von dem die Kunsthalle etwas brauchte, in aberwitzigen, dinosaurischen Prestigeprojekten wie der Elbphilharmonie versenkt wird, das immer mehr zu einem vertikalen schwarzen Loch wird, in dem am Ende Hamburgs letzter Pfennig zu verschwinden droht". Geld, auch das weiß man seit der Finanzkrise, ist also da und zwar auch im Kulturetat.
Wann genau diese sogenannte Philharmonie übrigens fertig sein wird, weiß niemand so genau zu sagen. Macht aber nichts, wir feiern einfach schon einmal. Und, so zischeln böse Zungen ja schon lange, gute Ausstellungen sieht man doch sowieso eher im Hamburger Bahnhof. Na dann, Prost.