Dienstag, 4. April 2006


Kleiner Vogel im Kakteenwald

Sin in my heart
When you grovel at my feet
Oh sin in my heart
It's short and sweet

(Siouxsie and the Banshees, "Sin In My Heart")

Es gibt diese Art von Geschenken, nach denen man sich lange gesehnt hat. Wieder und wieder drückte man sich die Nase an der Scheibe platt, ausgesperrt, auf der falschen Seite, während das Objekt unerreichbar auf der anderen Seite war. So greifbar nah und auf unmögliche Weise außer Reichweite.
Und gleich einem Dreirad, das man keinem Sechsjährigen mehr anbietet, nur weil er es jahrelang begehrte, haben auch andere Geschenke ihren Zeit und ihren Ort. Eine Frage des Zeitpunktes, nicht zu früh und auch nicht zu spät. (Blutwunder und Mirakel bitte nur zu Ostern oder ähnlichen Feiertagen der hohen Art. )

Als dann letzte Woche das Flehen, das ich immer und wieder geäußert hatte, in allen Tonleitern des Begehrens, Bettelns und Beharrens, erhört wurde, plötzlich und unerwartet, lauschte ich vergeblich auf die Resonanz, das Echo, das hinaufdrängende Juchzen, den zustimmenden Chor. Und auch die anschwellenden Geigen und Posaunen, das ganze Orchester.... es blieb stumm.

Man sagt dann für gewöhnlich, oh. Oh, sagt man, muß man denken und wägen, bedenken und abwägen, stellen Sie es aber ruhig hier ab, das Geschenk, das hl. Objekt, den Gral meinetwegen. Ja, willst du nicht trinken, fragen die Stimmen. (Wispern: Das ewige Leben! Das ewige Leben! Kein Bangen, kein Zagen!) Nein danke, sag ich, ich... ich habe gerade keinen Durst. (Denkend: Dieser leichte Geruch von Mandel...) Nachdem man nun wartete und wartete, hatte man eins nur gelernt: das Warten. Und irgendwann zu lange gewartet.

Bei manchen Geschenken hilft dann kaum noch Betrachtung. Ist es schön? Ist es schöner? Nur eines ist sicher: Es ist spät. Macht man das eine, lieber das andere?
Ist das Nein eine Sünde oder Ja bloß ohne Mut? Wenn das Denken nichts nutzt, hat der Bauch eine Antwort.

Ach, kleiner Vogel im Kakteenwald. Das Klingen, das Stillen des Hungers, das zagende Herz. Ich sagte: Ach. Du sagst auch ach, ein Echo, ein Blick, ein Nicken. Wohin willst du flattern, hier ist kein Zweig, kein Ast, kein Baum.

Muß man halt fliegen, drum vielen Dank, es war wirklich nett gemeint. Hingegen, ich möchte lieber nicht, wie es in Melvilles Bartleby heißt. Am Bahnhof am Morgen fällt mein Blick auf das Plakat gegenüber: A Gun For Hire.
Es heißt nicht, "Ein Festangestellter Fotograf Erzählt".