Mann über Bord!



Nachdem die Sonne sich senkte, das Geschrei verebbte, nur von Ferne noch gellten einzelne Triller einer Schiedsrichterpfeife, gingen wir runter zum Hafen. Ein leiser Wind kühlte die schwitzige Haut, und die Lampen der Marktbuden und die blauen Tore tauchten die Schiffe in ein farbiges Licht. Am Kai pullerte ein Betrunkener ins Hafenbecken. "Sieh dort!", rufe ich aus und ziehe sie am Arm. "Schau, wie romantisch!"

Ich deutete auf das Hausboot. Ein schnittiger Kahn, eine architektonische Studie in Retro-Design. Und seh mich schon draußen, dümpelnd und treibend, einen auf flokatiumhüllte Entspannung mimend. Oder so ein Feuerschiff! Mit dem druckvollen Strahl der Wasserkanone zeigte ich jedem Beckenrandpinkler, was seine Kümmerlichkeit ist. So ein Hafen ist Aufbruch und Sehnsucht, Fernweh und Ankunft: jeder Matrose sein eigenes Schiff. Und ob stolzer gesegelt oder träge nur treibend, manchmal geht es doch über Bord.

Homestory | 14:37h, von kid37 | Kondolieren | Link

 
novesia - Montag, 3. Juli 2006, 22:55
Ich verfehle wieder das Metathema, aber "Hausboot" ist so ein Stichwort, bei dem ich mich immer sofort in romantischer Schwärmerei ergehen muss. Immer wenn ich in Amsterdam die Boote in den Grachten sehe (und am Wochenende war´s wieder soweit, die süße Pein ist also noch ganz frisch), überfällt mich sehnsüchtige Wehmut. Dabei bin ich seekrank, sogar auf Brücken wird mir manchmal schlecht.

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kid37 - Dienstag, 4. Juli 2006, 11:52
Sogar auf Brücken? Hinter dem Link zu "Hausboot" steht was über das Projekt, im Süden Hamburgs eine Hausbootsiedlung anzulegen. Da scheint es sehr gewagte Kreationen zu geben. Gestern abend, in kleiner Runde, stellten wir aber fest, daß man dann keinen Keller hat. Außer dem einen großen. Feuchten.

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Lu - Montag, 3. Juli 2006, 23:27
das tiefe grunzen innige seufzen, das war ich.
häfen sind das allerbeste.

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kid37 - Dienstag, 4. Juli 2006, 11:54
Und derzeit abends ganz ruhig, weil alle auf dem Heiligengeistfeld Fußball gucken. Schöne Stimmung. Wie immer.

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ker0zene - Dienstag, 4. Juli 2006, 02:35
Der Typ der ...
... pullerte schon so fröhlich, als ich neulich des Weges segelte. Und pullerte immer noch, als ich mit der Flut wieder reinkam. Ich glaub, so einer gehört dazu, in den Häfen mit dem "Tor-zur-Welt - Anspruch". So ein Hafenbeckenpullerer, der der sonnenuntergangsroten Romatik ein wenig Gelb beimischt, und Ammoniakaroma. Sonst wärs vielleicht nicht auszuhalten. Wer weiss?

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kid37 - Dienstag, 4. Juli 2006, 11:50
Ich glaube auch. Einer muß auch solche Jobs machen. Genau wie die Salzinwundenstreuer. Oder Haarindiesuppewerfer. Und ein bißchen Ranz steht dieser schönen stadt ganz gut. Sonst wär's nicht auszuhalten. Fürwahr.

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schickse - Dienstag, 4. Juli 2006, 16:46
Was außerdem zu fehlen scheint, sind Tätowierte. Nicht wahr, Herr Kid? (Konnte es mir nicht verkneifen nachzusehen, ob der Kapitän des Hausbootes sichtbare Ruß-Sticheleien aufweist.)

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kid37 - Dienstag, 4. Juli 2006, 17:40
Gern hätte ich geantwortet, meine Weste sei sauber. Und wie gern hätte ich geantwortet, meine Sticheleien seien so florettscharf, die sieht man gar nicht. Das rufe ich sozusagen mit rußverschmiertem Gesicht und schwenke fröhlich das eher grobe Hackebeil (Werkzeug de jour. Leider habe ich ja noch nicht mal einen zünftigen Seemannsbart und probiere es deshalb erst einmal mit abwaschbarer Körperkriegsbemalung.)

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schickse - Dienstag, 4. Juli 2006, 18:27
Abwaschbar?
Dann bleibt mir nur zu hoffen, dass Sie nicht über Bord gehen. Sonst löst sich Ihre ganze Pracht in Schlieren auf. Und wie sähe das denn aus ...

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