Mittwoch, 6. August 2008


Federgeistchen



Einmal, vor Jahren, saßen mein Vater und ich noch lange in seiner Werkstatt unter dem Dach, er über technisches Gerät gebeugt, ich bereits übermüdet, es war einer dieser durchquatschten Nächte, bei denen nur ich kein Bier trank, als dieses Tier ins Zimmer geflogen kam. Wie ein kleines Gespenst taumelte es umher, segelte mit weißem Gefieder von Werkzeug zu Werkzeug und landete schließlich mit einer eleganten Unbekümmertheit auf dem großen Tisch. Mein Vater fing es in einem alten Glas, und wir beobachteten es, lange Zeit, entzückt, fasziniert, denn keiner von uns hatte so etwas je gesehen, selbst mein Vater nicht, der ja eigentlich vom Land herkam. Und so hockten Vater und Sohn über ihrem Beobachtungsglas, deuteten auf Details, sagten Ah und manchmal einfach Oh, wiesen auf Besonderheiten und wähnten sich am Rande einer ungeheuren Entdeckung. Ein Tier wie von Otto Lilienthal erdacht, ein Drache mit Federn, nur unglaublich klein. Wie schön, sagten wir, immer wieder, und wie aus einem Mund. Ein zarter Moment.